Die China-Reise von Kommissionspräsidentin von der Leyen und Frankreichs Präsident Macron hat die Widersprüche in der China-Politik Europas aufgezeigt. Während sie eine eher konfrontative Linie im Hinblick auf den immer autoritäreren Kurs von Chinas Dauerpräsident Xi Jinping vertritt, ließ sich Macron bei seinem Besuch wie ein Popstar feiern und trat als Partner auf. Wenig verwunderlich setzte er sich kurz danach dezidiert vom transatlantischen Partner USA ab und erklärte die Bedrohung Taiwans zu einem Problem, dass uns in Europa faktisch nichts angehe. Diese Position ist angesichts der Bedrohung Taiwans durch China nicht haltbar und verwundert besonders, wenn man die starke amerikanische Unterstützung in der Ukraine betrachtet. 

 

Es ist klug und richtig, dass die EU und auch Deutschland aktuell große Anstrengungen unternehmen, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Eine völlige Entkopplung vom Handelspartner China ist dabei nicht erstrebenswert, eine größere Unabhängigkeit schon. In der Taiwan-Frage sollten wir aber keinen Zweifel daran lassen, dass eine gewaltsame Änderung des Status Quo – durch Überfall oder Bedrohung – von Europa nicht geduldet werden würde. Wer signalisiert, dass sich an den Beziehungen der EU zu China im Falle eines Überfalls auf Taiwan nichts ändern würde, der macht einen solchen Gewaltakt wahrscheinlicher.

 

Falsch ist aber auch die Haltung der CDU, eine größere europäische Souveränität als Ziel aufzugeben. Denn die aktuelle Einigkeit mit den USA in der Beurteilung globaler Fragen kann sich bei einem Machtwechsel in Washington schnell wieder verringern. Europa muss dauerhaft geschlossen und stärker auf der internationalen Bühne auftreten können. China ist dabei ein Systemrivale, mit dem man in der Lösung globaler Probleme dennoch kooperieren muss.