“Russische Agenten” möchte die polnische Regierung ausfindig machen. Das erinnert paradoxerweise an die Einstufung als “ausländische Agenten”, die durch die russische Regierung vorgenommen werden. Auch in Polen erlaubt sich die Regierung mit ihrer Parlamentsmehrheit eine Gesetzgebung, die hochgradig autoritär und gegen den Rechtsstaat gerichtet ist. 

Die Regierung gründete eine Kommission, die russische Einflussnahme in Polen untersuchen soll. Dieses Vorhaben erscheint zunächst sinnvoll, jedoch sind die Befugnisse der Kommission extrem weitreichend und erlauben keine gerichtliche Überprüfung der Beschlüsse. So ist es unter anderem möglich, Personen für zehn Jahre von öffentlichen Ämtern auszuschließen, oder sie für früheres Verhalten zu kriminalisieren, selbst wenn jenes Verhalten zum damaligen Zeitpunkt keine Straftat dargestellt hat. Ein klarer Bruch mit den Prinzipien des Rechtsstaats.

In der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Gesetz wird von einem “Lex Tusk” gesprochen. Donald Tusk, früherer Präsident des EU-Rats, ist heute Oppositionsführer. Mitglieder der Regierung haben bereits selbst öffentlich verkündet, dass Tusk von der Kommission unter die Lupe genommen werden soll. Ein Grund dafür ist wohl auch in der Schwäche der Regierungsparteien zu finden, die laut Umfragen derzeit 7,5% unter ihrem Wahlergebnis von 2019 stehen. Die nächste Parlamentswahl findet im Herbst statt.

Die EU-Kommission hat durch den Justizkommissar Didier Reynders bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes gewarnt und nötigenfalls Schritte angekündigt. Die europäische Justiz ist bereits jetzt mit einigen Verfahren und Urteilen gegen Gesetzen der polnischen Regierung aktiv geworden, wenn sie gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben.